Honolds Blog zu Theologie, Spiritualität und Kirche

28.6.08

Ehe-Spiritualität, END


„Spiritualität“ ist ja zeitweise in aller Munde - das Wort „Ehe-Spiritualität“ hört man hingegen schon weitaus seltener. Es geht darum, als Ehepaar den Alltag gemeinsam spirituell zu leben. Mit „spirituell“ meine ich dabei (wie man am Titel des Blogs ja auch erkennen kann) unsere christliche Spiritualität.

Alleine auf sich gestellt ist es für ein Paar aber oft schwer, im Alltag als Christ zu leben. Falls man nicht gerade einen „religiösen Beruf“ ausübt, ist unser Umfeld oft so geprägt, dass Glaube als Privatsache oder sogar als etwas Absonderliches gilt. Deswegen ist es so wertvoll, nicht Einzelkämpfer zu bleiben, sondern zu einer guten Gemeinde zu gehören, in der man sich regelmäßig sieht, voneinander weiß, einander im Glauben bestärkt.

Viele unserer Gemeindemitglieder sehe ich nur an den Sonntagen. Daher lasse ich mir gern nach der Messe Zeit für ausgiebige Gespräche. So erfahre ich manchmal, wie es den anderen gerade geht oder was sie beschäftigt, oft ist es aber auch einfach nur schön, und ich genieße es, mit den anderen zu lachen und mich zu freuen. Für mich gehört diese Zeit „nach dem Gottesdienst“ zum Gottesdienst dazu.

Auf die Dauer wäre es aber gut, auch auf andere Weise zusätzlich Teil einer christlichen Gruppe zu sein, fanden wir. Wie schön wäre es, einige wenige Ehepaare aus der Nähe intensiver zu kennen, die auch christlich leben wollen, und mit ihnen den Alltag auf Dauer zu teilen! Das ließ sich aus dem Stegreif aber schwer organisieren - zumal am Anfang, als wir neu in der Stadt waren. Glücklicherweise fiel uns eine kleine Einladung der END in die Hand. END? Wir wussten gar nicht, dass es diese Gemeinschaft gibt:

Hinter der Abkürzung END steht der Name „Equipes Notre-Dame“. Es ist eine der sogenannten „neuen Geistlichen Bewegungen“ unserer Kirche. Sie will Paaren helfen, ihre Ehe aus der Kraft des Ehesakraments zu gestalten.

Konkret sieht das so aus:

Gruppen aus jeweils 3 bis 5 Paaren und möglichst einem Priester treffen sich monatlich, um gemeinsam den Glauben und die Ehe zu vertiefen. Manche Gruppen beschäftigen sich gemeinsam mit bestimmten Bibelstellen; es gibt aber auch schriftlich ausgearbeitete Arbeitsthemen für die Gruppentreffen, die sich mit Ehe, Familie, Glaube und Theologie beschäftigen. Andere „ENDler“ aus der Umgebung kann man bei Einkehr- und Besinnungstagen oder Seminaren treffen oder auch bei internationale Begegnungen. Die deutschsprachigen Gruppen untereinander sind außerdem noch durch einen „Monatsbrief“ verbunden.

Interesse?

Immer wieder bilden sich neue Gruppen und an vielen Orten gibt es auch Gruppen, die noch Paare aufnehmen können. Wer Interesse hat: nur Mut! Es lohnt auf jeden Fall ein Blick auf die Internetseite: http://www.equipesnotredame.de (deutsch) oder http://www.equipes-notre-dame.com (international).

Noch besser ist natürlich, mir eine Nachricht zu senden oder zum Telefon zu greifen, um zu erfahren, ob es konkret in der Nähe des eigenen Wohnortes zufällig gerade eine Gruppe gibt, die noch ein Paar sucht (Tel.-Nummern stehen hier.)

Herzlich willkommen - wir freuen uns immer über Paare, die neu dazukommen!

26.6.08

Siebenschläfer (27. Juni)

"Wie das Wetter am Siebenschläfer sich verhält,
ist es sieben Wochen lang bestellt,"
so sagt es eine alte Bauernregel.

Warum heißt der 27. Juni eigentlich "Siebenschläfertag"?
Viele verweisen auf die gleichnamige Schlafmaus, die angeblich sieben Monate lang Winterschlaf hält:

Doch seinen Namen hat der Tag von den "sieben Schläfern" oder "sieben Freunden". Diese sieben Märtyrer von Ephesus weigerten sich, dem Befehl des Kaiser Decius gemäß den Göttern zu opfern. Darauf ließ sie der Kaiser in einer Höhle vor Ephesus, in die sie geflüchtet waren, einmauern. Gott versetzte sie jedoch in einen tiefen Schlaf, aus dem sie erst 187 Jahre später unter Theodosius II. aufwachten, als ein Landsmann die Höhle öffnete - an einem 27. Juni.

Zur Legende siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Sieben_Schl%C3%A4fer

und http://www.bautz.de/bbkl/s/siebenschlaefer_v_e.shtml

Sprich nur ein Wort



Der Evangeliumstext für den 28. Juni (Mt 8,5-17) enthält die Begebenheit von dem Hauptmann, der zu Jesus kommt und ihn um die Heilung seines Dieners bittet. Verschiedenes hat mich an dieser Perikope von je her angesprochen:
  • dass ein Hauptmann (ein "großer", gesellschaftlich hochstehender Mann) zu Jesus geht, um sich für seinen Diener einzusetzen,
  • und dass er einen dermaßen großen Glauben hat und von Jesus gar nicht einmal die direkte Begegnung mit dem Kranken erbittet. Er weiß: Jesu Kraft kann auch aus der Ferne bewirken, dass der Diener gesund wird.
  • Das Bekenntnis des Hauptmanns begegnet uns - in abgewandelter Form - in jeder Sonntagsmesse: "Herr, ich bin nicht würdig, dass Du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund."
Aber der Text wirft auch Fragen auf:
  • Sollen wir heute auch in dieser Weise glauben und so konkrete Heilungen von Jesus erwarten?
  • Was hat es eigentlich mit dem "ich bin nicht würdig" auf sich? Wann ist man würdig?
  • Wann spricht er sein "Wort, und meine Seele wird gesund"?
  • Der Hauptmann geht für seinen Diener zu Jesus und bittet ihn. Wie ist es mit unserem Gebet für andere? "Braucht" Gott es? Oder der Kranke? Gott weiß doch längst, dass er sich nach Heilung sehnt...
Während meines Theologiestudiums wurde ich auf einen weiteren Aspekt aufmerksam gemacht. "... Aber sprich nur ein Wort" - Gott hat sein Wort ja schon gesagt. In Jesus hat er uns gesagt, gezeigt und vorgelebt, dass wir Gemeinschaft mit ihm, Gott, haben dürfen - und dass der Tod nicht das letzte Wort haben wird.

Einen guten Artikel zur Frage, was "Wort Gottes" eigentlich bedeutet (inwiefern "spricht" da eigentlich Gott selbst zu uns?), hat Peter Knauer SJ geschrieben: zu finden unter http://www.jesuiten.org/peter.knauer/09.html

On the Run



"On the Run!!" - mit diesen Worten, samt dynamisch und aktiv gesetztem Ausrufezeichen (!), macht die Bäckerei einer Tankstelle bei mir um die Ecke zur Zeit Werbung auf der Brötchentüte, welche nun vor mir liegt: Bei uns bekommt man das Essen "on the Run", ohne viel "Zeit zu verlieren".

Ich mache gerade meine Brötchenpause - und übersetze "On the Run!" scherzhaft mit: "auf der Flucht".

Im Rennen zu essen - wer mich kennt, weiß, wie furchtbar eine solche Vorstellung für mich ist. Das Rennen liegt mir ja schon sowieso nicht - wenn es nicht sein muss. Und - seien wir ehrlich - meistens muss es wirklich nicht sein, oder?

Ich renne nur sehr selten und höchst ungern - leidgeprüfte Schnelle, die schon einmal zügig mit mir irgendwohin gehen wollten, können es bestätigen. Wenn überhaupt, dann renne ich tatsächlich höchstens dann, wenn ich auf der Flucht bin: vor einem herannahenden Auto zum Beispiel oder dem drohenden Verpassen meiner Bahn.

Das war's dann aber auch schon. Bei all den anderen Gelegenheiten - zumal beim Essen, aber auch beim Gang zur Arbeit oder beim Einkauf - lasse ich den Dingen viel lieber die Zeit, die sie eben brauchen. Am Ende bin ich auch nicht besonders viel später am Ziel, als wenn ich die Dinge "on the Run" erledigt hätte..., bin aber dafür dann vielleicht eine Spur weniger abgehetzt - und habe möglicherweise auch meine Nachbarn noch gesehen (wirklich an-gesehen und gegrüßt), an denen ich andernfalls vorbeigerannt (ge-run-t?) wäre.

In diesem Sinne wünsche ich
fröhliches Gehen,
gelassenes Stehenbleiben
und - guten Appetit!

25.6.08

Auszeit


Wenn wir uns im Alltag nach Ruhe und einer kleinen „Auszeit“ sehnen, kann eine Gebetsübung des heiligen Ignatius von Loyola eine gute Anregung sein; oft wird sie „Gebet der liebenden Aufmerksamkeit“ genannt. Nur eine kurze Pause mitten im turbulenten Alltag, nur wenige Minuten der Sammlung vor Gott, lassen eine Art „Oase im Alltag“ entstehen.
Manche beten auf diese Weise auch abends, als Tagesabschluss:

Sich dankend einfinden in Gottes Gegenwart

Der erste „Schritt“: man wird sich bewusst, nicht allein zu sein, sondern vor Gottes liebendem Blick zu stehen; man darf die Zeit der Ruhe genießen, einfach „da sein“. Das kann auch in Worten ausgedrückt werden: „Herr, ich danke Dir für diese kurze Zeit mit Dir. Ich danke Dir, dass Du da bist, jetzt – hier bei mir. Ich bin bereit, Dir zu begegnen…“.

Eine Bitte

Es folgt die Bitte um einen klaren, unverstellten Blick: dass wir den Tag mit wachen Augen im Lichte Gottes sehen können – selbst wenn uns dabei Dinge auffallen, die uns unangenehm sind.

Die Wirklichkeit des Tages anschauen

Nun geht es darum, mit liebender Aufmerksamkeit, ohne gleich zu urteilen oder zu werten, sich dem zuzuwenden, was bisher an diesem Tag geschehen ist. Man kann den Tag Stunde für Stunde durchgehen oder Ort um Ort, Begegnung nach Begegnung. „Wo ist mir etwas von Gott und seinem Heiligen Geist begegnet?“, kann man sich fragen und den Blick auf Erfahrungen von Glaube, Hoffnung, Liebe lenken, aber auch auf die andere Seite, Wirkungen von „unheiligem Geist“: Kleingläubigkeit, Hoffnungslosigkeit, Egoismus ...

Lobend und dankend alles Geschenkte vor Gott bringen

Lob und Dank prägen dieses Gebet mehr als etwa die Enttäuschung über das, was nicht gut gelaufen ist. Am Ende der Gebetszeit steht die Bitte um das Geschenk der Versöhnung, damit Neuanfänge möglich werden. Zugehen auf den weiteren (oder neuen) Tag mit Gott.

Der Rest des Tages oder ein neuer Tag wird am Schluss „ins Gebet genommen“:

Was uns im Blick darauf bewegt – Ereignisse, Begegnungen, Hoffnungen, Befürchtungen, Pläne, Sorgen – all dies wird in Gottes Hände gelegt – mit der Bitte um Vertrauen, Zuversicht und die Gabe, zu unterscheiden, was von all dem aus der Perspektive des Wortes Gottes wirklich wichtig ist.

Wer den zugrunde liegenden Text im Original lesen möchte, findet ihn in den „Geistlichen Übungen“ des Ignatius von Loyola (= dem Exerzitienbuch, das Ignatius im 16. Jh. als Anleitung für Exerzitienbegleiter geschrieben hat) unter der Nummer 43.

Offene Augen



„Wenn du zur Arbeit gehst
am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst
mit deinen Sorgen:
da zeigt die Stadt
dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter."

Mit dieser Alltagsszene beginnt Kurt Tucholsky sein Gedicht „Augen der Großstadt". Und angeregt durch den alle drei Strophen beendenden Satz „Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider" versuche ich, mich an die Augenpaare zu erinnern, die mir allein heute morgen auf dem Weg zu meiner Arbeit begegnet sind.

Es gibt Tage, da gehe ich wie blind durch die Straßen.
Vielleicht nehme ich das Gedicht zum Anlass, die Menschen, die mir begegnen, heute einmal bewusster wahrzunehmen.

Zwei fremde Augen, die mir einen kurzen Blick zuwerfen. „Was war das?" fragt Tucholsky in seinem Gedicht. „Vielleicht dein Lebensglück..."

(Text nach einer Anregung von Thomas Meurer, Offene Augen, in: Christ in der Gegenwart 57 (2005), Heft 10, 6. März 2005, Seite 80.)

Gebet der liebenden Aufmerksamkeit

Gebet der liebenden Aufmerksamkeit - ein möglicher Wortlaut


Herr, unser Gott,
mit liebender Aufmerksamkeit
möchte ich diesen Tag noch einmal vor Dir anschauen.
Du hast mir so unendlich viel Gutes getan und geschenkt:
das unfassbare Geschenk Leben …
wundervolle Menschen: …
die Liebe
die Natur
Frieden in meiner Nähe,
ein wenig Heimat, Zuhause …

Mir geht in Gedanken nach,
wem ich heute begegnete …

Vielleicht durfte ich dies heute lernen, neu verstehen …
Und manches macht mir Sorge …

Dir bin ich begegnet in all dem…
„Meinen" Tag, Herr,
Deinen Tag, Herr,
leg ich zurück
in Deine Hände,
denn Du gabst ihn mir.

Du Herr bist ja
der Zeiten Anfang und ihr Ende
Ich vertraue Dir.